Anleihen vs. Aktien – Fremdkapital vs. Eigenkapital

Die meisten von uns haben die Begriffe Anleihen und Aktien schon einmal gehört oder gelesen. Diesen Begriffen werden oft bestimmte Bedeutungen zugeordnet. Anleihen werden eher als sicher angesehen. Aktien werden dagegen vermehrt als Spekulationsobjekte wahrgenommen. Stimmen dieses Wahrnehmungen?

Was sind Anleihen?

Anleihen sind eigentlich nichts anderes an Kredite an Unternehmen (Unternehmensanleihen) oder Staaten (Staatsanleihen). Kauft mein eine Anleihe, dann ist man also Kreditgeber des Anleiheausgebers (Anleihen sind daher für den Anleiheausgeber Fremdkapital).

In den meisten Fällen haben sie eine fixe Laufzeit (ZB: 2, 5 oder 10 Jahre) und einen fixen Kupon (Zinssatz).

Der Kupon wird meist jährlich ausbezahlt.

Am Ende der Laufzeit bekommt man den letzten Kupon und das eingesetzte Kapital (Nominale) der Anleihe zurück.

Das Nominale ist der verbriefe Gegenwert der Anleihe und muss vom Kurs unterschieden werden.

Eine Anleihe kann ein Nominale von 1.000,-- haben und einen Kurswert (Zu diesem kann man die Anleihe kaufen und verkaufen) von 1.050,--.

 

Wieso kann nun eine Anleihe einen höheren oder tieferen Kurs haben als das Nominale?

Dies hängt mit dem Kupon der Anleihe zusammen.

Nehmen wir einmal an, dass eine Anleihe vor 2 Jahren emittiert (Vom Kreditnehmer ausgegeben) wurde.

Die Anleihe hat einen Kupon von 3 %.

Würde der Kreditnehmer heute wiederum eine Anleihe mit gleicher Laufzeit begeben, dann könnte er diese wahrscheinlich mit einem Kupon von 2 % (Das Zinsniveau ist in der letzten Zeit stark gefallen, was man auch an den Zinsen für das Sparbuch sieht) ausgeben.

Wenn Sie nun die 3 % Anleihe damals zu einem Kurs von 100 % (Anleihekurse werden immer in % des Nominale angegeben. In diesem Fall wäre also ein Kurs von 100 % mit einem Kurswert von 1.000,-- gleichzusetzen) 1.000,-- gekauft haben, würden Sie diese dann heute zu einem Kurs von 100 % wieder verkaufen?

Überlegen wir einmal.

Wenn Sie die 1.000,-- aus dem Verkauf nun wieder anlegen möchten, welchen Zinssatz bekommen Sie dafür?

Richtig, 2 %.

Sie würden also einen Anleihe mit 3 % Kupon gegen eine Anleihe mit 2 % Kupon tauschen.

Kein gutes Geschäft.

Sie würden die Anleihe also nur zu dem Kurs verkaufen, der Sie genau für die 1 % Zinsdifferenz entschädigt.

Genau das passiert auch am Markt für Anleihen.

Der Kurs der 3 % Anleihe steigt über 100 %.

 

Man kann also folgendes festhalten:

Wenn sich an der Zahlungsfähigkeit des Anleiheemittenten nichts ändert, so steigt der Kurs von fix verzinsten Anleihen (Der Kupon ist über die gesamte Laufzeit gleich) bei sinkendem Zinsniveau.

Bei steigendem Zinsniveau fällt der Kurs der Anleihen.

 

Eine Anleihe hat also zwei Risiken

  • Zinsänderungsrisiko: Wenn die Zinsen steigen, dann sinkt der Kurs der Anleihe. Kann man die Anleihe nicht bis zur Endfälligkeit behalten (Man braucht das Geld), dann kann es hier zu Verlusten kommen (Zur Endfälligkeit werden die Anleihen in der Regel zu einem Kurs von 100 % zurückbezahlt).
  •  Emittentenrisiko: Wenn der Emittent der Anleihe in wirtschaftliche Schwierigkeiten (Konkurs) gerät, dann kann es sein, dass er seine Anleihen nicht mehr zurückbezahlen kann. Man bekommt sein Geld dann nur mehr anteilsmäßig zurück. Im schlechtesten Fall bekommt man gar nichts mehr!

 

Was ist nun eine Aktie?

Im Gegensatz zur Anleihe, beteiligt man sich über eine Aktie am Unternehmen.

Man ist dann Miteigentümer und daher Eigenkapitalgeber.

Da man Eigentümer ist, bekommt man für das Geld das man dem Unternehmen gibt, auch keine fixe Verzinsung.

Anstatt der fixen Verzinsung wird man aber am Gewinn (sofern es einen gibt) des Unternehmens beteiligt.

Diese Gewinnausschüttung wird Dividende genannt.

 

Natürlich sind die Kursschwankungen einer Aktie um einiges größer als bei einer Anleihe.

 

Man kann sich aber auch folgendes überlegen:

Wenn ein Unternehmen eine Investition tätigt, dann wird es diese nur durchführen, wenn es sich lohnt.

Wann lohnt es sich aber?

Es müssen also alle Kosten, die mit dieser Investition verbunden sind, abgedeckt sein.

Außerdem sollte auch noch ein Gewinn für das Unternehmen übrig bleiben. Dieser Gewinn sollte auch so hoch sein, dass die Risiken, die das Unternehmen mit dieser Investition eingeht, abgedeckt sind.

Es könnte ja durchaus sein, dass die Investition nicht den kalkulierten Umsatz erbringt und daher die Gewinne daraus nicht so hoch wie erwartet ausfallen.

Daher muss man dieses Risiko ebenfalls bereits bei der Investitionsentscheidung berücksichtigen.

Gehen wir nun davon aus, dass die Investition nicht nur mit Eigenkapital bezahlt wird, sondern, dass dafür auch ein Kredit (Fremdkapital) aufgenommen wird. Auch die Zinsen (Kreditkosten) sind nun also in der Kalkulation des Unternehmens enthalten.

Man kann nun also auf jeden Fall davon ausgehen, dass die Rendite (Verzinsung) für das Eigenkapital größer ist (zumindest im Durchschnitt mehrerer Jahre) als die Verzinsung auf Fremdkapital.

Ansonsten würde es sich ja niemand antun, ein Unternehmen zu gründen und zu investieren.

Man könnte das ja anderen überlassen und den Unternehmern nur das benötigte Kapital (Kredite) zur Verfügung stellen.

Wie dargelegt, wird also die Rendite auf das Eigenkapital im Durchschnitt höher liegen als die des Fremdkapitals.

 

Nochmal anders

Wenn das Eigenkapital eines Unternehmens durch die entstandenen Gewinne ständig wächst, die Gewinne eventuell wieder investiert werden und dadurch noch schneller steigen, dann wird auch der Wert jeder einzelnen Aktie steigen.

Denn der Aktienkurs sollte den Wert des Unternehmens wiederspiegeln (Anzahl der ausgegebenen Aktien x Kurs pro Aktie = Börsenwert des Unternehmens; Das Eigenkapital des Unternehmens könnte man als Wert des Unternehmens betrachten).

Dies wird nie ganz der Fall sein, da an der Börse (hier werden die Aktien gehandelt) auch noch andere Faktoren auf den Kurs einwirken.

Aber der Kurs wird über einen längeren Zeitraum immer um den realen Wert eines Unternehmens schwanken.

Und wenn dieser Wert steigt, dann steigt im Zeitverlauf auch der Kurs der Aktien mit.

 

Wenn man von den „Reichen“ in unserer Gesellschaft spricht, dann meint man meist Unternehmer, die Ihr Geld mit Ihren Firmen gemacht haben. Es sind also jene Menschen, die auf Eigenkapitalrenditen und nicht auf Fremdkapitalrenditen gesetzt haben.

Warum scheuen sich dann so viele Menschen in gute Unternehmen zu investieren, also Aktien dieses Unternehmen zu kaufen?

 

Natürlich, kann es sein, dass der Wert meiner Aktien mal um 20, 30 oder mehr Prozent fällt, über einen längeren Zeitraum und bei wachsender Wirtschaft kann man aber von steigenden Aktienkursen ausgehen.


Das Risiko einer Aktie liegt wie bei einer Anleihe auch darin, dass das Unternehmen nicht gut wirtschaftet und daher die Gewinne immer kleiner werden oder sogar Verluste entstehen. Bei einem Konkurs des Unternehmens, ist dann Geld dann ganz weg.

Weiters kann man bei Aktien natürlich auch einen sehr ungünstigen Einstiegszeitpunkt erwischen. Zum Beispiel, wenn der Kurs der Aktie gerade weit vom Unternehmenswert ist.

 

Zusammenfassend kann man also folgendes sagen:

Eigenkapitalrenditen (Aktien) sollten über einen längeren Zeitraum höher liegen als Fremdkapitalrenditen (Anleihen).

Sollte das nicht der Fall sein, dann werden irgendwann keine Unternehmen mehr existieren, da jeder lieber Kredite vergibt, also Anleihen kauft, als selbst ein Unternehmen zu gründen.

 

An die Schwankungen von Aktien muss man sich jedoch erst einmal gewöhnen.

 

Lg

Stefan

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Kommentare: 2
  • #1

    erster (Montag, 05 Dezember 2016 23:20)

    erster

  • #2

    Marion (Samstag, 21 Januar 2023 11:16)

    Sehr interessant und aufschlussreich. Hat mir gerade etwas Grundverständnis im Modul Investitionen und Finanzen beschert. Dankeschön.