Wieso werden Banken eigentlich gerettet?

In der Finanzkrise wurden rund um den Globus Banken vom Staat (also uns) mit Steuergeldern vor dem Zusammenbruch gerettet.

Aber warum nehmen Banken eine solche Sonderstellung ein, dass ein Pleitegehen so schlimm wäre?

Täglich scheiden doch viele Unternehmen durch Konkurse aus dem Wirtschaftsleben aus und es werden auch laufend neue Unternehmen gegründet.

Warum geht das nicht auch bei Banken?

Dafür müssen wir uns zunächst einmal das Geschäftsmodell einer Bank im Gegensatz zu einem anderen Unternehmen ansehen.

 

Was machen Unternehmen?

Grundsätzlich (sehr grob aber für unsere Zwecke hier ausreichend) kann zwischen zwei Unternehmensgruppen unterschieden werden.

  • Unternehmen, die Dienstleistungen anbieten
  • Unternehmen, die Waren herstellen

Dienstleistungsunternehmen wären zu Beispiel ein Frisör, ein Beratungsunternehmen, eine Autowerkstätte usw.

Produktionsunternehmen wären demnach Stahlwerke, Textilfabriken, Autofabriken, usw.

 

Die Erzeugnisse der Produktionsunternehmen werden von anderen Produktionsunternehmen als Vorprodukte,  von Dienstleistungsunternehmen für die Erbringung ihrer Dienstleistung oder von Privatpersonen benötigt.

 

Was ist nun eine Bank?

Zum einen bietet eine Bank Dienstleistungen an.

Dies wären zum Beispiel die Kontoführung, der Zahlungsverkehr, die Depotführung und Beratungsleistungen.

 

Zum anderen könnte man eine Bank auch als Produzent einer Ware bezeichnen. Diese Ware ist „Geld“ (Siehe hierzu auch den Blogartikel „Wie kommt Geld in die Welt? Und warum darf es nicht sterben.").

 

Bei den Dienstleistungen hat man eigentlich kein Problem, wenn eine Bank pleitegeht. Eine andere Bank kann dies ganz einfach übernehmen.

 

Wie sieht es aber mit dem Hauptgeschäft einer Bank (Ausgangspunkt ist hier eine Geschäftsbank und keine Investmentbank) aus?

 

Sehen wir uns zunächst einmal die sehr vereinfachte Bilanz einer Geschäftsbank an.

 

 

Ich habe mich hier für eine passivlastige Bank entschieden. Das heißt, dass die Bank mehr Guthaben von Kunden hat, als Sie an Krediten vergeben und Wertpapieren gekauft hat.

 

Nur ein kurzer Ausflug: Was passiert, wenn die Bank einen Kredit vergibt?


Die Bank vergibt einen Kredit iHv. 10 GE (Geldeinheiten) an einen Kunden. Sie fügt also dem Posten „Forderungen an Kunden“ 10 GE hinzu.

Viel wichtiger für die Bank ist aber, wohin sie das Geld nun überweisen muss.

 

  1. Der Empfänger des Geldes hat sein Konto ebenfalls bei unserer Bank.
    Die Bankbilanz sieht nun so aus:
    Sowohl die Kredite als auch die Kontoguthaben der Bank haben sich um 10 GE erhöht.

  2. Der Empfänger des Geldes hat sein Konto nicht bei unserer Bank.
    Die Bankbilanz sieht nun so aus:
    Die Kredite der Bank haben sich um 10 GE erhöht. Da jedoch das Geld auf eine andere Bank überwiesen wurde, musste die Bank Ihre Forderungen gegenüber den anderen Geschäftsbanken um 10 GE reduzieren. Die Bank musste also eine Veranlagung (Forderung  Geschäftsbanken) auflösen, um eine andere Veranlagung (Forderung an Kunden) aufbauen zu können.

 

So nun zurück zum eigentlichen Thema

Mit dem obigen Ausflug haben wir auch kurz das Geschäftsmodell der Bank umrissen.

Eine Geschäftsbank vergibt also Kredite an Kunden. Das Geld für die Kredite hat die Bank allem Anschein nach durch die Guthaben bei der Bank verfügbar.

 

Dies ist jedoch ein Trugschluss!

 

Betrachten wir nochmal den ersten Fall bezüglich der Kreditvergabe einer Bank.

Die Bank hat einen Kredit vergeben und gleichzeitig durch die Kreditvergabe denselben Betrag als Guthaben bekommen.

Solange das Geld also in der Sphäre der Bank bleibt, ergibt sich für die Bank kein Problem.

Wenn nun aber das Geld (wie in Fall 2 weiter oben) die Sphäre der Bank verlässt!

Auch hier ergibt sich im Normalfall kein Problem für die Bank.

Denn das Geld kommt nun zu einer anderen Bank, die nun höhere Guthaben hat.

Dieses Guthaben kann Sie nun unserer Bank als Kredit geben.

Unsere Bank würde diesen Kredit dann unter „Verbindlichkeiten Geschäftsbank“ ausweisen und auch die Bilanz unserer Bank wäre wieder im Gleichgewicht.

 

Jetzt zum Kern des Problems: Wie kann die Bank nun pleitegehen?

Nehmen wir einmal an, die Bank hätte in Ihren Forderungen an Kunden 300 GE an Unternehmenskrediten.

Diese wurden vergeben, als es der Wirtschaft gut ging und als Sicherheiten wurden die Maschinen und Grundstücke der Unternehmen hereingenommen.

Leider entwickelte sich die Wirtschaft nun doch nicht so gut und viele der finanzierten Unternehmen gingen in Konkurs.

Auch der Wert der Sicherheiten sank, da in einem Wirtschaftsabschwung der Bedarf an Maschinen und Grundstücken für die Produktion zurückgegangen ist.

Die Bank sieht sich daher gezwungen, 80 GE an Forderungen abzuschreiben.

 

Wie würde nun die Bilanz unserer Bank aussehen:

 

Dass es für Banken Mindesteigenkapitalvorschriften und gesetzliche Ansatzkriterien von Risiken (Eigenmittelunterlegung von Risiken) gibt, blende ich hier mal aus.

 

Das Eigenkapital, welches ja als Risikopuffer für Verluste dienen soll, ist bereits völlig aufgebraucht und sogar negativ. Die Eigentümer der Bank haben also bereits Ihr gesamtes eingesetztes Geld verloren. Damit die Bank weiter arbeiten kann, müssten also die Alteigentümer neues Geld in die Bank investieren, oder neue Investoren (Wie in der Finanzkrise so oft: Zum Beispiel der Staat) müssten dies tun.

 

Was wären nun die Folgen, wenn weder alte Eigentümer noch neue Investoren bereit wären, der Bank neues Kapital zur Verfügung zu stellen?

 

Ein Masseverwalter würde nun versuchen die Bestandteile der Aktivseite zu verkaufen, um für die Kreditgeber der Bank (Ihre Kunden ==> Alle, die Guthaben bei dieser Bank haben) noch etwas herauszuholen.

 

Er wird also versuchen die Wertpapiere der Bank am Markt zu verkaufen.

Durch das verstärkte Angebot am Markt werden die Wertpapiere wahrscheinlich nicht zum Wert in der Bilanz veräußert werden können.

Annahme: 90 % des in der Bilanz stehenden Wertes können lukriert werden.

 

Des Weiteren wird versucht die Forderungen der Bank (Kredite an Kunden)  an eine andere Bank zu verkaufen.

Auch hier werden die anderen Banken einen gewissen Abschlag auf den in der Bilanz stehenden Wert der Forderungen verlangen, da sie ja nicht genau wissen und auch nicht prüfen können, welche Risiken in diesen Forderungen stecken könnten.

Annahme: 90 % des in der Bilanz stehenden Wertes können lukriert werden.

 

Am Ende dieses Prozesses würde die Bilanz der Bank nun so aussehen:

 

Das würde nun bedeuten, dass die Kunden der Bank (Kreditgeber der Bank) auf 13,29 % Ihrer Einlagen verzichten müssten (Und ich denke, dass das noch ein gutes Beispiel ist!).

 

Aber es gibt doch die Einlagensicherung!

Ja natürlich.

 

Diese beträgt in Österreich derzeit 100.000,-- pro Person und Bank (Auf Einlagen bei einer Bank).

Alles darüber würde schon mal angeknabbert werden.

Bis 3.7.2015 leisten die Banken über Ihre Sicherungseinrichtungen 50 % dieses Betrages.

Die restlichen 50 % leistet der Staat (Also wieder wir alle!).

Ab 3.7.2015 wird ein neuer Einlagensicherungsfonds eingerichtet. Dieser soll über zehn Jahre von den heimischen Banken mit rund 1,5 Mrd. Euro aufgefüllt werden.

Die 100.000,-- bleiben aufrecht, werden dann aber zur Gänze aus diesem Fonds bedient.

 

Ende 2014 lag der Posten „Verbindlichkeiten an Kunden“  lt. Oenb bei 313 Mrd. Euro. 13 % davon würden demnach rund 41 Mrd. Euro ausmachen.

 

Da dürfte aber nicht allzu viel passieren, damit die Einlagensicherung auch alle Forderungen befriedigen kann!


Nicht falsch verstehen.

Ich gehe nicht davon aus, dass ein solcher Fall eintritt.

Es geht nur um das Verständnis, warum man Banken eher rettet, als sie pleitegehen zu lassen.

 

Einer der großen Punkte, die wir bei der Rettung von Banken oft vergessen, ist also, dass wir alle Kreditgeber der Banken sind und daher bei einem Konkurs auch wir alle zur Kasse gebeten werden.

 

Natürlich kann man hier entgegnen:

Aber bei einer Rettung durch den Staat zahlen wir doch auch alle!

Stimmt.

Aber über die Verteilung der Lasten lässt sich ja bekanntlich vortrefflich streiten.

 

Es gibt aber noch einen viel wichtigeren Grund, der immer für eine Rettung der Banken hergenommen wird.

 

Wenn man eine Bank pleitegehen lässt, dann wird viel Vertrauen verspielt.

Dies hat man auch gesehen, als in Amerika Lehman Brothers in Konkurs gegangen ist. 

Plötzlich hatten alle Angst.

  • Die Banken hatten Angst, anderen Banken noch einen Kredit zu geben. Es konnte ja sein, dass auch diese Bank pleitegeht.
  • Die Sparer hatten Angst um Ihre Einlagen und horteten mehr Geld zuhause bzw. gaben auch weniger Geld aus.
  • Die Banken hatten außerdem Angst Kredite an Private und Unternehmen zu vergeben, da man sich keine zusätzlichen Risiken in die Bilanz nehmen wollte.

 

All dies führte dazu, dass die Wirtschaft nicht mehr mit dem nötigen Geld versorgt wurde.

 

Das heißt:

  • Wenn ein Unternehmen seine Produktion ausweiten wollte und dafür einen Kredit benötigte, so hat es diesen nicht bekommen (oder nur zu erschwerten Bedingungen).
  • Wenn eine Finanzierung auslief, so konnte diese von den Unternehmen eventuell nicht mehr verlängert werden. Damit konnten auch gesunde Unternehmen in Schwierigkeiten geraten.
  • Auch war es schwer bei finanziellen Engpässen eine Zwischenfinanzierung zu bekommen, was weitere Unternehmen in den Konkurs trieb und die Lage verschärfte.
  • Private hielten sich mit der Kreditaufnahme generell zurück, da Sie Angst vor dem Verlust Ihres Arbeitsplatzes hatten, da ja so viele Unternehmen in Konkurs gingen.

 

All dies verringert aber die Nachfrage nach Gütern, oder anders ausgedrückt, es führt zu einer Schrumpfung der Wirtschaft und es beginnt ein Kreislauf nach unten.

 

Der Bankensektor hat also aufgrund seiner Stellung als Versorger der Wirtschaft mit „Geld“ eine bevorzugte Stellung.

Wenn hier Sand im Getriebe ist, so werden sehr schnell auch alle anderen Wirtschaftssektoren davon erfasst.

 

Meiner Meinung nach ist es daher sehr wichtig, ein Bankeninsolvenzrecht zu erstellen, damit alle Wirtschaftsteilnehmer genau wissen, was passiert, wenn eine Bank pleitegeht.

 

Für Fragen und Anregungen stehe ich wie immer zur Verfügung.

 

Lg

 

Stefan


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Kommentare: 2
  • #1

    Jan Zacharias (Sonntag, 14 Mai 2017 01:08)

    Wow super erklärt, vielen Dank!

    Das einzige was ich sonst im Internet gefunden habe war politisch links motiviertes Halbwissen, was mir nicht besonders half. Gut, dass ich deine Website gefunden habe!

  • #2

    Stefan (Montag, 15 Mai 2017 19:30)

    Schön das es Dir gefallen hat.